Zentralakte
Beteiligte:
Christoph, 29 Jahre alt, Grafiker, hat eine Lehre in einer Werbeagentur gemacht und danach mehrere Jahre in diesem Berufsfeld gearbeitet. Um sich mehr dem gemeinsamen Arbeiten mit Karina und Stefan zu widmen, hat er seine Festanstellung in der Agentur gekündigt und arbeitet dort nur noch als freier Mitarbeiter mit einem Rahmenvertrag über 20 Stunden pro Woche. Christoph mimt gern den Bedächtigen, Überlegten und mahnt im Allgemeinen zur Vorsicht. Er ist verheiratet mit Alexandra und hat eine Tochter Julia, 5 Jahre.
Stefan, 26 Jahre alt, Grafiker und Web-Designer, programmiert z. B. Internetauftritte. In der Gruppe und im Außenverhältnis bleibt er lieber im Hintergrund. In Entscheidungssituationen handelt er eher unüberlegt und ist – geschäftlich und privat – meist auf der Suche nach Schnäppchen, Gelegenheiten oder „tollen Geschäften“. Vorher hat er relativ lange studiert. Stefan ist Single und lebt allein in einer geerbten Eigentumswohnung.
Karina, 26 Jahre alt, hat an der FH Kommunikationsdesign studiert. Zu ihren Aufgaben gehört es, die Entwürfe von Christoph, Stefan und ihr den Kunden vorzuführen, weswegen sie viel mit dem Auto unterwegs sein muss. Seit mehreren Jahren arbeitet sie selbständig. Karina ist im Karateverein und macht viel Sport (Fitnessclub, Jogging).
Alle drei sind in der Werbung tätig und wollen zusammenarbeiten. Ihr Ziel ist es, für kleine und mittelständische Firmen Werbemaßnahmen zu realisieren, was sowohl die Gestaltung und Produktion von Werbeträgern oder Briefpapier (Karina und Christoph) als auch den Entwurf und die Programmierung von Websites (Stefan) einschließt.
Christoph, Stefan und Karina haben früher schon in wechselnden Konstellationen zusammengearbeitet, mit der Zeit wurden jedoch immer mehr Aufträge in Form einer nicht gesondert geregelten BGB-Gesellschaft erledigt. Auf Anraten ihres Steuerberaters wollen sie ihre künftige Zusammenarbeit auf solidere Füße stellen und haben deswegen die StartUp GmbH gegründet. Alle drei sind gleichberechtigte geschäftsführende Gesellschafter.
Die StartUp GmbH muss Büromöbel, Büroartikel und Computer kaufen. Mit ihren Kunden schließt sie meist Werkverträge über die Erstellung von Websites, Geschäftspapier oder Broschüren. Dabei werden Arbeiten zum Teil selbst erledigt (beispielsweise Gestaltung von Grafiken, Programmierung von Internetauftritten), zum Teil aber auch an Dritte weitergegeben (Erstellung von Druckvorlagen, Druckarbeiten). Steuerberater und Rechtsanwalt Lorenz steht den dreien in steuerlicher und rechtlicher Sicht zur Seite.
Jungunternehmerisches Leben
In beschwingter Stimmung gab Christoph seiner Frau einen Abschiedskuss und verließ die Wohnung. Heute war es endlich soweit: Nach monatelangen Vorarbeiten sollte die StartUp GmbH gegründet werden. Nachdem er schon einige Zeit mit Stefan und Karina in wechselnden Konstellationen zusammengearbeitet hatte, wollten sich die drei heute beim Notar treffen und den Gesellschaftervertrag unterzeichnen. Mit der Gründung einer GmbH wollen sie künftig gemeinsam Werbemaßnahmen für kleine und mittelständische Firmen realisieren: Prospekte erstellen, Werbematerial gestalten und – Stefans Aufgabe – Internetauftritte programmieren.
Als Christoph an einem kleinen Supermarkt vorbeikam, fiel ihm ein, dass es eine nette Idee sein könnte, wenn er mit seinen Kollegen später zur Feier des Tages ein Glas Sekt trinken würde. Schnell betrat er den Laden, suchte eine dem Anlass angemessene Flasche aus und machte sich auf den Weg zur Kasse.
Nach zehn Minuten Fußweg kam Christoph beim Büro des Notars an, wo Karina und Stefan schon auf ihn warteten. Zu dritt betraten sie das Gebäude. Im Notariat wurden sie zunächst von der Sekretärin darüber aufgeklärt, dass sie noch eine Viertelstunde warten müssten. Und so saßen sie im Warteraum des Notars, blätterten in den ausgelegten Zeitungen und harrten der Dinge, die da kommen mochten. Stefan entdeckte bald die bereitgestellten Kugelschreiber und Schreibblöcke mit dem aufgedruckten Namen des Notars und begann munter seinen Rucksack damit zu füllen.
Karina war alles andere als amüsiert: „Sag mal Stefan, hast du denn gar kein Benehmen? Leg die Stifte und das Papier wieder auf den Tisch, Gott ist das peinlich!“
Stefan sah sich im Recht: „Wieso? Der legt den Kram hier als Werbegeschenk aus, wir müssen für die Veranstaltung bei ihm eine Menge Geld bezahlen – da werd’ ich mir doch wohl ein bisschen was mitnehmen dürfen…!“
Das Erscheinen des Notars beendete die Diskussion: „Meine Dame, meine Herren, wenn ich dann bitten dürfte…“
Peinlich berührt vom Verhalten seiner Kollegen nickte Christoph dem Notar zu und trieb Stefan und Karina in das Besprechungszimmer.
Nach – wie es den dreien erschien – endlosen Erklärungen des Notars war es zwei Stunden später soweit: Der Gesellschaftsvertrag war geschlossen und alle drei waren als gleichberechtigte geschäftsführende Gesellschafter vermerkt. Die StartUp GmbH i. G. konnte mit der Arbeit beginnen.
Wieder auf der Straße beschlossen die drei, gleich ins Büro zu fahren, in dem sie bereits seit einigen Monaten zusammen arbeiteten.
„Woll’n doch mal sehen, ob es sich als Geschäftsführer anders arbeitet.“, grinste Stefan.
Doch Christoph wollte den Tag der Gesellschaftsgründung gleich für Praktisches nutzen. „Ich schlage vor, dass wir jetzt erstmal zur Bank gehen, ein Konto anlegen und das Stammkapital einzahlen, damit der Notar diese Mitteilung ans Handelsregister abschicken kann und wir eingetragen werden können. Und dann sollten wir gleich einen Dauerauftrag einrichten, damit in Zukunft die StartUp die Büromiete zahlt. Zu irgendetwas muss sie ja schon mal gut sein.“
Nachdem die Kontoeröffnung und die Einzahlung des mühsam zusammengesparten Stammkapitals geschafft waren, fuhren die drei mit Stefans Auto zum Büro, um dort zunächst mit der Flasche Sekt auf die Gründung anzustoßen.
In den letzten Monaten hatten sie immer wieder gemeinsam gearbeitet. Meist waren es Karina oder Christoph gewesen, die einen Auftrag an Land zogen, während Stefan fast alle Programmierarbeiten und die weiteren computerrelevanten Dinge erledigte. Da jeder auf den anderen angewiesen war, hatten sie sich bald angewöhnt, unabhängig von der tatsächlichen Akquise, den Auftrag gemeinsam zu erledigen und die Einnahmen nach Abzug der aufgetretenen Kosten einfach durch drei zu teilen. Mit der Zeit hatten sie sich so immer mehr als Team begriffen.
Um eine gemeinsame Anlaufstelle zu haben, hatten die drei dann nach einigen Monaten ein kleines Büro ausgesucht und einen Telefonanschluss eingerichtet. So waren sie mithilfe von Anrufbeantworter und Fax für potentielle Auftraggeber besser erreichbar und konnten schon etwas professioneller auftreten. Den Mietvertrag für das Büro hatte Karina unterzeichnet, genauso wie sie den Telefonanschluss beantragt hatte. Christoph und Stefan hatten ihr dann anteilig Miete und Telefonkosten erstattet, doch mit diesem Chaos sollte jetzt Schluss sein – jetzt gab es die StartUp GmbH.
Jungunternehmerisches Leben – Rechtliche Erläuterung
Gründungsphasen
Die GmbH entsteht in mehreren Abschnitten. In der Regel beginnt der eigentliche Entstehungsvorgang mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages. Dies ist jedoch meist nicht die erste Stufe der Entwicklung. Fast immer treffen diejenigen Personen, die eine GmbH gründen wollen, schon vor dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages verbindliche Abreden im Hinblick auf die Errichtung der Gesellschaft.
Sobald die Verhandlungen über die Gründung einer GmbH ihren unverbindlichen Charakter verloren und zu rechtsverbindlichen Vereinbarungen zwischen den Personen geführt haben, die eine GmbH errichten wollen, beginnt die erste Phase der Gründung. Diese Phase ist in der Regel erreicht, wenn die Gründer vertragliche Vereinbarungen über den Zweck und die Ausgestaltung der zu gründenden GmbH sowie über die Höhe des Stammkapitals getroffen haben. Diese Phase endet mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages für die GmbH. Bis zu diesem Zeitpunkt hat in der Regel eine Vorgründungsgesellschaft bestanden.
Die zweite Phase, die mit dem Abschluss des GmbH-Gesellschaftsvertrages beginnt, dauert bis zur Eintragung der GmbH in das Handelsregister. In dieser Phase besteht eine Vorgesellschaft, die auch Vor-GmbH genannt wird.
Die GmbH, und damit die juristische Person, entsteht erst mit der Eintragung in das Handelsregister.
Die Vor-GmbH
Mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages haben die Gründer eine Vorgesellschaft, die sog. Vor-GmbH, entstehen lassen. Hinsichtlich der unter den Gesellschaftern und zwischen ihnen und der Gesellschaft bestehenden Verhältnisse unterliegt die Vor-GmbH schon denjenigen Rechtsregeln, die für die fertige GmbH gelten.
Schon vor der Eintragung der GmbH in das Handelsregister werden von den Gründern eine Reihe von Rechtsgeschäften mit Dritten getätigt, die nicht nur der Entstehung der GmbH dienen, sondern mit dem Zweck zusammenhängen, zu dem die GmbH gegründet wird. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Gesellschafter der Vor-GmbH persönlich, d. h. mit ihrem Privatvermögen für daraus entstehende Verbindlichkeiten haften, wird näher im Modul zum Handels- und Gesellschaftsrecht behandelt.
Mindestkapital, Stammkapital, Stammeinlage
Die Gründung einer GmbH ist, was das zur Gründung notwendige Kapital anbetrifft, relativ einfach. Das Mindestkapital beträgt gem. § 5 Abs. 1 GmbHG lediglich 25.000 Euro. Alle Stammeinlagen müssen von den Gründern selbst übernommen werden. Auch Sacheinlagen sind zulässig. Wenn solche geleistet werden sollen, so müssen im Gesellschaftsvertrag der Gegenstand der Sacheinlage und der Betrag der Stammeinlage, auf die sich die Sacheinlage bezieht, festgesetzt sein (§ 5 Abs. 4 GmbHG). Die Gesellschafter müssen in einem solchen Fall einen Sachgründungsbericht erstellen, in dem sie u. a. die für die Angemessenheit der Leistungen für Sacheinlagen wesentlichen Umstände darzulegen haben (§ 5 Abs. 4 S. 2 GmbHG). Gem. § 7 Abs. 2 GmbHG muss vor der Eintragung mindestens die Hälfte des Mindeststammkapitals, d. h. 12.500 Euro, eingezahlt sein.
Die IHK
Einige Tage später gab es offiziell wirkende Post von der Industrie- und Handelskammer. „Schaut mal“, rief Stefan, „die IHK schreibt und begrüßt uns!“
„Na, das ist doch nett!“
„Na ja, hier steht, dass wir jetzt dazu gehören und ihnen unsere Steuernummer mitteilen und einen Erhebungsbogen ausfüllen sollen. Über die Höhe des Beitrags werden wir gesondert informiert.“
„Was soll das heißen, dass wir jetzt dazu gehören? Zu was denn?“
„Hier steht: ‚Der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts sichert unserer Kammer Unabhängigkeit und Objektivität zu’. Und zwei Zeilen später erfährt man, dass die zugehörigen Unternehmen diese Unabhängigkeit mit ihren Beiträgen finanzieren.“
„Dazugehörige Unternehmen, das dürften dann ja wohl wir sein, oder?“
„Und was bekommen wir dafür?“, fragte Christoph.
„Nun“, grinste Karina, „die vertreten unsere Interessen und schicken uns regelmäßig ein buntes Infoheft zu.“
„Wahrscheinlich so eins wie diese Krankenkassenmagazine: Eine Auflage von 1,5 Mio. und dabei leider nur 23 Leser und die Familie des Chefredakteurs. Und woher wollen die unsere Interessen kennen? Ich hab mit noch keinem von denen gesprochen.“
„Ich seh’ das gar nicht erst ein! Ich will da nicht Mitglied werden und zahlen werden wir schon gar nicht. Als ob wir zu viel Kohle hätten. Die müssen uns doch wohl erst mal einen Aufnahmeantrag schicken, oder?! Wenn wir nichts von denen wollen, können die auch nix von uns wollen.“
Die IHK – Rechtliche Erläuterung
Hier irren sich Stefan, Karina und Christoph. Ihr Unternehmen ist per Gesetz Mitglied der Industrie- und Handelskammer und als Mitglieder müssen sie den Mitgliedsbeitrag zahlen. So wie ihnen geht es vielen Gewerbetreibenden.
Zwangsmitgliedschaft
Die Regelung der Mitgliedschaft in § 2 Abs. 1 IHK-G
Die primäre Aufgabe der Industrie- und Handelskammern ist gemäß § 1 Abs. 1 IHK-G, das Gesamtinteresse der zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirkes wahrzunehmen, für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken und dabei die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen. Trotz der privaten Interessenvertretung gehören die Industrie- und Handelskammern wegen ihrer Organisation als öffentlich-rechtliche Körperschaften gemäß § 3 Abs. 1 IHK-G zur mittelbaren Staatsverwaltung.
Das Einzige, was an der IHK nicht dem Willen der Mitglieder entspricht, ist die Mitgliedschaft selbst. Die Kammern beruhen auf dem in § 2 Abs. 1 IHK-G niedergelegten Prinzip der Zwangsmitgliedschaft. Demnach sind per Gesetz u. a. auch juristische Personen des privaten und öffentlichen Rechts Kammerzugehörige, sofern sie im Bezirk der Kammer eine Betriebsstätte unterhalten und zur Gewerbesteuer veranlagt sind.
Bei einer juristischen Person handelt es sich um eine Vereinigung von Personen, der gesetzlich rechtliche Selbständigkeit zuerkannt ist. Eine juristische Person besitzt eigene Rechtsfähigkeit und kann damit Träger von Rechten und Pflichten sein. Damit kann sie – abgesehen von einigen höchstpersönlichen Rechtsgeschäften wie z. B. der Eheschließung – im Rechtsleben grundsätzlich genauso auftreten, als wäre sie eine natürliche Person, d. h. ein Mensch. Damit kann eine juristische Person auch Adressat von gesetzlichen Pflichten sein.
Die GmbH von Stefan, Karina und Christoph ist aufgrund § 13 Abs. 1 GmbHG eine juristische Person. Weil sie gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 und Abs. 1 S. 1 GewStG zur Gewerbesteuer veranlagt ist, ist sie damit gemäß § 2 Abs. 1 IHK-G zwangsweise Mitglied der regionalen Industrie- und Handelskammer – unabhängig von Stefans, Karinas und Christophs Willen.
Verfassungsrechtlicher Maßstab
Eine solche Zwangsmitgliedschaft ist rechtlich nicht unproblematisch. Aus Art. 20 Abs. 3 GG ergibt sich der sog. Gesetzesvorbehalt. Dieser besagt, dass Eingriffe der Verwaltung – wozu auch die Zwangsmitgliedschaft in einer Körperschaft öffentlichen Rechts gehört – einer gesetzlichen Grundlage bedürfen. Eine solche findet sich zwar in § 2 Abs. 1 IHK-G, doch könnte diese verfassungswidrig und damit unwirksam sein. Dies hätte zur Folge, dass die Zwangsmitgliedschaft und die Beitragspflicht nicht bestünden.
Das Grundgesetz genießt als Verfassung unseres Staates oberste Priorität in der Normenhierarchie. Zum einen müssen alle Gesetze zu ihrer Wirksamkeit formell verfassungsgemäß sein, d. h. nach den Regeln des Grundgesetzes entstanden sein. Dies ist gegeben, wenn der Gesetzgeber – in diesem Fall der Bund – sowohl die Kompetenz zum Erlass des Gesetzes hatte – die so genannte Gesetzgebungskompetenz – als auch das Gesetz im korrekten Gesetzgebungsverfahren nach Art. 76 ff. GG zustande gekommen ist. An der formellen Verfassungsmäßigkeit des IHK-G bestehen hier allerdings keine Zweifel.
Vereinigungsfreiheit
Die Zwangsmitgliedschaft muss außerdem auch materiell verfassungsmäßig sein, d. h. den inhaltlichen Vorschriften des Grundgesetzes entsprechen. Hier könnte das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit in Art. 9 Abs. 1 GG der Zwangsmitgliedschaft der GmbH in der IHK entgegenstehen.
Das Grundgesetz räumt nämlich durch seine Grundrechte nicht nur natürlichen Personen Freiheiten ein, sondern gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch inländischen juristischen Personen. Demnach ist auch die GmbH von Stefan, Karina und Christoph grundrechtsfähig.
Die Vereinigungsfreiheit gewährt gemäß Art. 9 Abs. 1 GG allen Deutschen das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. Der Staat darf die Bildung von Vereinigungen also nicht behindern. Im konkreten Fall geht es Stefan, Karina und Christoph im Gegenteil aber darum, dass ihre GmbH gerade nicht der Kammer angehört, also einer Vereinigung fernbleibt. Insofern ist zwischen der positiven und der negativen Vereinigungsfreiheit zu unterscheiden. Die positive Vereinigungsfreiheit ist vom Wortlaut des Art. 9 Abs. 1 GG unmittelbar erfasst und schützt die Freiheit zur Bildung von Vereinigungen. Die negative Vereinigungsfreiheit hingegen lässt sich nur durch Auslegung ermitteln und schützt die Freiheit, Vereinigungen fernzubleiben.
Demzufolge müsste die Zwangsmitgliedschaft der IHK eigentlich gegen die negative Vereinigungsfreiheit verstoßen. Jedoch hat das Bundesverfassungsgericht, dessen Entscheidungen u. a. alle Gerichte und Behörden binden, die Frage der Zwangsmitgliedschaft in Körperschaften des öffentlichen Rechts und speziell die Frage der IHK-Zwangsmitgliedschaft gegenteilig entschieden: Art. 9 Abs. 1 GG gewähre positiv nur die Freiheit, privatrechtliche Vereinigungen zu gründen und ihnen beizutreten. Spiegelbildlich garantiere die negative Vereinigungsfreiheit nur das Recht, einer privatrechtlichen Vereinigung fernzubleiben, nicht einer öffentlich-rechtlichen. Die Zwangsmitgliedschaft in öffentlich-rechtlichen Körperschaften berühre also schon gar nicht den Schutzbereich der Vereinigungsfreiheit.
Dieser Argumentation ist zuzugestehen, dass öffentlich-rechtliche Vereinigungen – Körperschaften, Anstalten und Stiftungen öffentlichen Rechts – zur mittelbaren Staatsverwaltung gehören und daher selbstverständlich nur vom Staat gegründet werden können. Die Konsequenz ist allerdings, dass der Staat allein durch die Wahl der Rechtsform die negative Vereinigungsfreiheit umgehen kann, weshalb die Entscheidung des BVerfG in der rechtswissenschaftlichen Literatur zum Teil erheblich kritisiert wird.
Allgemeine Handlungsfreiheit
Folgt man der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts, so heißt dies aber nicht, dass die Zwangsmitgliedschaft in jedem Fall verfassungsgemäß ist. Als Auffanggrundrecht garantiert Art. 2 Abs. 1 GG die sog. allgemeine Handlungsfreiheit. Dieses Grundrecht gewährt jedermann das Recht, zu tun und zu lassen, was er will, sofern er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstößt.
Die Zwangsmitgliedschaft der GmbH von Stefan, Karina und Christoph ist gegen deren Willen und damit ein Eingriff in den Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit. Ein solcher Grundrechtseingriff ist aber nicht gleichbedeutend mit der Verletzung des Grundrechts. Denn das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit ist nicht schrankenlos gewährleistet, weil sonst jeder tun und lassen könnte, was er wollte. Die sog. Schrankentrias des Art. 2 Abs. 1, 2. Halbsatz GG enthält als praktisch wichtigste Grundrechtsschranke die der verfassungsmäßigen Ordnung. Zu dieser gehören alle Gesetze, die die allgemeine Handlungsfreiheit in verhältnismäßiger Weise einschränken. Ist die Anordnung der Zwangsmitgliedschaft in § 2 Abs. 1 IHK-G also verhältnismäßig, dann ist der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit verfassungsrechtlich gerechtfertigt und damit wirksam. Dann wäre die GmbH rechtmäßig Mitglied in der regionalen IHK und müsste den Mitgliedsbeitrag zahlen.
Verhältnismäßigkeitsprinzip
Das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist das zentrale Mittel, um zwischen verschiedenen Werten, Rechten und Gütern abzuwägen. Es ist Ausdruck der Grundrechte, wenn es verlangt, dass diese so weit wie möglich zur Geltung kommen und Eingriffe nur zuzulassen sind, soweit diese zugunsten der Allgemeinheit oder auch Einzelner unbedingt nötig sind.
Die Verhältnismäßigkeit setzt voraus, dass der Eingriff ein legitimes Ziel verfolgt, geeignet ist, dieses zu erreichen, dass es kein milderes, aber ebenso wirksames Mittel gibt, und dass der Eingriff nicht unangemessen schwer wiegt gegenüber dem Zweck des Eingriffs.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Verhältnismäßigkeit der Zwangsmitgliedschaft festgestellt: Die Vertretung der Wirtschaft gegenüber dem Staat und die den Industrie- und Handelskammern übertragenen Verwaltungsaufgaben auf wirtschaftlichem Gebiet seien legitime öffentliche Zwecke. Zur sachgemäßen Erfüllung dieser Aufgaben sei die Zwangsmitgliedschaft in den Industrie- und Handelskammern sinnvoll, ja notwendig. Die sich daraus ergebende Freiheitsbeschränkung der Mitglieder sei gegenüber dieser im öffentlichen Interesse liegenden sachlichen Notwendigkeit des Organisationszwanges unbedeutend und bestünde ohnehin fast nur in der Zahlung der Beiträge, die auch nicht unangemessen hoch seien (BVerfGE 15, 235 (243 ff.)). Der in § 2 Abs. 1 IHK-G liegende Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG ist somit durch die Schranke der verfassungsmäßigen Ordnung gedeckt. Eine Grundrechtsverletzung liegt nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht vor.
Die GmbH kann sich nicht dagegen zur Wehr setzen. Sie muss zahlen.
Das geliehene Fahrrad
Als Stefan, Christoph und Karina – noch vor Gründung der StartUp GmbH – in die neuen Büroräume gezogen waren, hatte sich besonders Stefan gefreut. Viele seiner Freunde wohnten in der Nähe, so dass immer mal wieder ein Bekannter auf einen Kaffee vorbeikam. Mit der Zeit bemerkte er jedoch den einen oder anderen Nachteil – wer immer etwas brauchte oder sich etwas leihen wollte, besuchte ihn jetzt im Büro. Schließlich kamen schon Freunde von Freunden vorbei. Heute stand Martin, ein als humorlos berüchtigter Mitbewohner der Wohngemeinschaft seiner Schwester, plötzlich im Büro und erklärte, dass er ganz dringend zur Uni müsse, um eine Hausarbeit noch fristgerecht abzugeben. In Ermangelung eines eigenen Fahrrads bat er um Stefans Rad.
„O.k., aber nur für zwei Stunden, ich brauche das Rad nachher noch!“, willigte Stefan nicht eben begeistert ein. Er hegte und pflegte nämlich sein Gefährt mit all der Sorgfalt, die er an seinem Arbeitsplatz manchmal vermissen ließ, und hatte gerade ein Wochenende darauf verwandt, dem Rad einen neuen, neongrünen Anstrich zu verpassen.
Martin bedankte sich und radelte in Richtung der Innenstadt davon.
Dort stattete Christoph gerade der Hausbank der StartUp GmbH einen Besuch ab, um – leider erfolglos – über günstigere Kontoführungsgebühren zu verhandeln. Ziemlich schlecht gelaunt verließ er gerade das Bankgebäude und staunte nicht schlecht, als er den ihm unbekannten Martin auf Stefans unverkennbarem grellgrünem Fahrrad vorbeiradeln sah. Empört wollte er für Recht und Ordnung sorgen.
„Hey, stehen bleiben!“, brüllte er über die Straße, wovon sich der vermeintliche Fahrraddieb ziemlich unberührt zeigte und ohne erkenntliche Reaktion weiterfuhr.
Mit einem kurzen Sprint hatte Christoph Martin eingeholt und diesen vom Fahrrad gerissen. Nach einer kurzen Rangelei hielt er ihn im Schwitzkasten und klärte ihn triumphierend darüber auf, dass das Fahrrad seinem Freund Stefan gehörte und dass er ihn jetzt zur Polizei bringen würde.
Die Zufriedenheit ob seines entschiedenen Handelns verflüchtigte sich rasch, als Martin erwiderte, dass das Fahrrad selbstverständlich Stefan gehörte, dass er es sich von ihm geliehen hatte und dass er fest entschlossen sei, seinerseits Christoph anzuzeigen. Und zwar wegen Nötigung, Körperverletzung und – nach einem Blick auf das Loch am Knie seiner Jeans – wegen Sachbeschädigung.
Widerstrebend ließ Christoph ihn los und versuchte die Situation zu retten.
„Ich konnte ja nicht wissen, dass er dir das Rad geliehen hat, du hättest ja was sagen können, immerhin habe ich dich aufgefordert, stehen zu bleiben.“
„Bloß weil irgendwer in der Gegend rumbrüllt, werde ich grad vom Fahrrad springen!“, entgegnete Martin und zeigte sich nicht eben versöhnungswillig. „Und selbst wenn ich das Fahrrad gestohlen hätte, wär’ das noch lang kein Grund hier den Privat-Sheriff zu spielen. Schließlich ist es nicht dein Fahrrad. Ich gehe jetzt zur Polizei und von meinem Vater wirst du in den nächsten Tagen auch Post bekommen, der ist Anwalt, das wird ein teurer Spaß für dich.“
Abends schilderte Christoph seiner Frau sein Leid.
„Tja, mein Lieber,“ meinte sie grinsend, „vielleicht solltest du dich etwas mehr um deine eigenen Sachen kümmern…“
Das geliehene Fahrrad – Rechtliche Erläuterung
Christoph hatte sich geirrt und aufgrund dieses Irrtums Martin vom Fahrrad gerissen. Christoph hatte angenommen, Martin stehle das Fahrrad.
Nothilfe
Wäre Christoph denn berechtigt gewesen, so zu handeln, wenn seine Vorstellungen richtig gewesen wären? Wenn Martin tatsächlich dabei gewesen wäre, einen Diebstahl zu begehen, wäre Christoph nach § 32 StGB wegen Notwehr – genauer Nothilfe – gerechtfertigt. Die Notwehr ist ein Rechtfertigungsgrund. Sie gibt zwar kein Recht, „Privat-Sheriff“ zu spielen. Doch bietet sie das Recht, sich gegen gegenwärtige rechtswidrige Angriffe zu verteidigen. Gedeckt werden von der Notwehr alle Verteidigungshandlungen, die zur Abwehr eines solchen Angriffs erforderlich sind. Die Notwehr bietet damit ein starkes Recht zur Abwehr, denn es wird nicht zwischen dem angegriffenen Rechtsgut und demjenigen, das von dem Notwehr Übenden angegriffen wird, abgewogen. Das von § 32 StGB geschützte Rechtsgut muss das durch die Notwehrhandlung beeinträchtigte also nicht überwiegen. Eine solche Abwägung wäre etwa bei einer Rechtfertigung wegen Notstandes nach § 34 StGB vorzunehmen.
Die Notwehr nach § 32 StGB berechtigt nicht nur dazu, Angriffe von sich selbst abzuwenden. Es darf auch Nothilfe geübt werden, denn in § 32 StGB heißt es „um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden“.
Wenn Martin das Fahrrad tatsächlich gestohlen oder auch nach § 248b StGB bloß unberechtigten Gebrauch von dem Fahrrad gemacht hätte, hätte er einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff auf Stefans Eigentum verübt. In diesem Fall hätte Christoph eine Verteidigungshandlung gewählt, die zur Abwehr des Angriffs erforderlich war. Mit dem Merkmal der Erforderlichkeit soll der Notwehrübende nicht auf eine weniger Erfolg versprechende Abwehr verwiesen werden. Vielmehr ist er nur verpflichtet, aus mehreren gleich wirksamen Mitteln dasjenige zu wählen, das für den Angreifer am wenigsten gefährlich ist. Er ist also nicht zur Auswahl des mildesten, sondern nur des relativ mildesten Mittels verpflichtet. Christoph hatte bereits vergeblich versucht, Martin durch einen Ruf vom Weiterfahren abzuhalten. Nunmehr blieb ihm in jedem Fall kein milderes gleich wirksames Mittel mehr. Christoph hätte auch subjektiv zur Abwehr des Angriffs gehandelt (vgl. § 32 Abs. 2 StGB: „um .... abzuwenden“).
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Notwehr nur die jeweilige Abwehrhandlung deckt. Nicht von der Rechtfertigung wegen Notwehr umfasst werden diejenigen Handlungen, die nicht mehr der Abwehr des Angriffs dienen. Wenn Christoph also Martin noch Verletzungen zugefügt hat, als er ihn bereits vom Fahrrad herunter gerissen hatte, sind diese nicht mehr nach § 32 StGB gerechtfertigt. Ein Rechtfertigungsgrund kommt dafür nur noch aufgrund des Festnahmerechts nach § 127 StPO in Betracht. Alle anderen Rechtsgutsverletzungen – eine Körperverletzung, Nötigung und auch eine Sachbeschädigung –, die im Rahmen der Abwehr des Angriffs erfolgten, wären jedoch nach § 32 StGB wegen Nothilfe gerechtfertigt.
Erlaubnistatbestandsirrtum
Die genannte Lösung trifft jedoch auf diesen Fall nicht zu. Christoph hat sich eine Rechtfertigungslage ja nur vorgestellt. In Wirklichkeit fehlte es aber an einem gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff. Martin hatte sich das Fahrrad mit Zustimmung des Eigentümers Stefan geliehen. Er verhielt sich also rechtmäßig. Das Strafgesetzbuch kennt keine Regelung für einen solchen Irrtum, der als Erlaubnistatbestandsirrtum bezeichnet wird. In § 16 StGB ist nur der Irrtum geregelt, dass der Täter einen Umstand des gesetzlichen Tatbestandes bei der Tatbegehung nicht kennt. Dieser Irrtum – Tatbestandsirrtum – führt zum Vorsatzausschluss. In § 17 StGB findet sich eine Regelung für den Irrtum, der eine fehlende Unrechtseinsicht zur Folge hat. Danach ist die Schuld ausgeschlossen, es sei denn der Irrtum – Verbotsirrtum – ist vermeidbar. In Rechtsprechung und Literatur ist die Lösung solcher Irrtumsfälle, in denen sich der Täter tatsächliche Umstände vorstellt, die im Falle ihres Vorliegens zur Bejahung eines Rechtfertigungsgrundes führten, umstritten. Die weit überwiegende Auffassung geht dahin, dass dieser Irrtum die Rechtsfolgen des § 16 StGB auslöst und deshalb die Strafbarkeit wegen einer Vorsatztat ausgeschlossen ist. Aufgrund seines Irrtums erwartet Christoph also keine Bestrafung wegen einer Vorsatztat. Dies gilt sowohl für den Irrtum über die Voraussetzungen der Notwehr als auch bezüglich des Irrtums über das Bestehen eines Festnahmerechts, dem er ebenfalls unterlegen ist, sofern er dem Martin nach Abwehr des Angriffs durch das Festhalten noch weitere Verletzungen zugefügt hat.
Übrig bleibt damit nur die Möglichkeit einer Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung, § 229 StGB. Die übrigen hier in Frage stehenden Delikte – Nötigung und Sachbeschädigung – kennen keine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit, vgl. § 15 StGB.
Der Büromöbelkauf
Nach nur wenigen Wochen wurde immer deutlicher, dass ein geregeltes Arbeiten auf zwei Jugendschreibtischen und einem provisorischen Tisch – bestehend aus einer Tischplatte auf zwei Tischlerböcken – nicht möglich war. Immerhin war ein Großteil des Gründungskapitals noch vorhanden und so sollten Büromöbel gekauft werden.
Zunächst wurde der Katalog eines nordeuropäischen Möbelhauses gewälzt. Schnell fand man die Büromöbelserie Produkta, suchte sich Tische, Stühle und passende Regale aus und fuhr – bewaffnet mit Katalog und genau notierten Bestellnummern – los.
Im Möbelhaus angekommen, erfolgte recht schnell die große Ernüchterung: „Die Serie Produkta ist eingestellt, wir haben nur noch Restposten! Dafür gibt es jetzt bald die Serie Hoppa, in sechs bis acht Wochen haben wir die ersten Möbel auf Lager.“
Unverrichteter Dinge zogen die drei wieder ab.
Zurück im Büro, machte Karina den Vorschlag, dass man vielleicht doch zum Fachhandel gehen solle und so entschieden sich die drei für ein Büromöbelgeschäft im nahe gelegenen Gewerbegebiet.
Karina, Christoph und Stefan wurden umfangreich beraten, auf die Vorteile von hochwertigen Büromöbeln hingewiesen und mit allen Details von Ausbauprogrammen vertraut gemacht. Alle waren begeistert, entdeckten viele nützliche Dinge, probierten bequeme Drehstühle aus und waren sich schnell einig, dass Echtholzfurnier viel besser aussah als Kunststoffverblendungen. Schließlich entdeckten sie auch noch, dass das Arbeiten unter der bisherigen Beleuchtung mit Sicherheit innerhalb kürzester Zeit zu Augenschäden führen würde. Offensichtlich konnten hier nur italienische Deckenfluter und optimal konstruierte Tischlampen weiterhelfen.
Stefan rief alle drei Minuten aus: „Ist gebongt, das nehmen wir!“
Auf dem Parkplatz angekommen waren sich alle einig, dass es doch besser gewesen sei, in den Fachhandel zu gehen. Schließlich hatten sie erst dort festgestellt, auf was man alles achten muss, und welche nützlichen Erweiterungen es für jeden Schreibtisch gibt.
Am nächsten Morgen sorgte Christoph dann doch für schlechte Laune. „Habt Ihr eigentlich mal zusammengerechnet, was uns alles kosten würde, was wir da ausgesucht haben?“
„Klar, die Schreibtische waren teurer als die Tische, die wir zuerst kaufen wollten, dafür sehen sie aber auch viel besser aus!“ argumentierte Stefan.
Auch Karina sah nur Positives: „Außerdem ist das eine viel bessere Qualität! Die halten viel länger und wir wollen bestimmt nicht nächsten Sommer schon wieder neue Möbel kaufen, oder?! Zudem haben wir bei einem richtigen Büromöbelhändler auch die Garantie, dass wir immer wieder passende Möbel nachkaufen können. Schließlich wollen wir uns doch bestimmt mal vergrößern und Mitarbeiter einstellen.“
„Denk doch mal an die ganzen Zusatzteile, mit denen man den Monitor erst auf die richtige Höhe bringen kann und die praktischen Kabelschächte!“, warf Stefan ein.
„Haben wir denn 7.378 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer übrig?“
Christophs Frage löste betretenes Schweigen aus.
„Wofür brauchen wir das Geld denn...?“, versuchte Stefan die Stimmung zu retten.
„Ich hab mal zusammengerechnet, was uns allein die Tische, Regale und Zusatzteile kosten würden. Die Lampen sind da noch nicht mal dabei, ich kenn die Preise gar nicht.“
„Tja“, erklärte Karina, „da werden wir vielleicht noch mal umplanen müssen. Vielleicht haben die ja auch noch preiswertere Möbelserien im Angebot. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch noch mal betonen, dass unser technisches Equipment nicht unbedingt auf dem neuesten Stand ist. Und je mehr ich hier im Büro arbeite, desto weniger kann ich mal zwischendurch in irgendeiner Agentur schnell was einscannen. Und mein alter Scanner schafft die notwendigen Auflösungen nicht mehr.“
Beim Stichwort „technisches Equipment“ wurde auch Stefan endgültig wach: „Stimmt, da fällt mir auch so einiges ein, was wir noch benötigen. Allein die Anbindung der Rechner ans Telefonnetz ist ‘ne Katastrophe und in die ganzen anderen Kabel muss auch mal Struktur gebracht werden.“
„Also Jungs und Mädels, es hilft alles nichts“, ergänzte Christoph, „da werden wir wohl unser Traumprogramm kräftig abspecken und noch mal umplanen müssen.“
Mit deutlich weniger elanvoller Stimmung griff sich jeder einen „billigeren“ Katalog und begann die Suche nach preiswerteren Möbelserien.
Zwei Stunden später ratterte etwas durchs Fax, das mit „Auftragsbestätigung“ übertitelt war und mit einer Gesamtsumme von 7.378 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer endete. Die „Auftragsbestätigung“ über Leuchtkörper sollte im Laufe des nächsten Tages folgen.
Im Büro herrschte Empörung.
„Wieso Auftragsbestätigung? Wir haben denen doch gar keinen Auftrag erteilt!“
„Genau. Niemand hat irgendeinen Vertrag unterschrieben und ohne Unterschrift gibt’s ja wohl auch keinen Vertrag. Oder?“
Der Büromöbelkauf – Rechtliche Erläuterung
Dieser sog. „Auftragsbestätigung“ sollte unverzüglich widersprochen werden, weil ansonsten einige Tage später ein Kaufvertrag nach § 433 BGB zustande kommen würde.
Zustandekommen eines Vertrages
Wenn eine Person von einer anderen eine bestimmte Leistung erwirken möchte, auch als Gegenleistung für ihre eigene, müssen sich beide einigen. Eine solche Einigung nennt man Vertrag, der die Beteiligten an ihre Zusagen bindet.
Ein Vertrag kommt durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande. Die zeitlich vorangehende nennt man Angebot. Diese enthält alle für den Vertrag relevanten Pflichten, so dass die andere Person nur noch „Ja“ sagen muss, wenn sie einverstanden ist, damit der Vertrag zustande kommen kann. Dies ist dann die zweite Willenserklärung, nämlich die Annahme. Übereinstimmend sind die Willenserklärungen dann, wenn sie sich inhaltlich auf den gleichen Sachverhalt beziehen.
Willenserklärung
Willenserklärungen bestimmen den Inhalt eines Vertrages. Sie sind sozusagen die „Basissteine“ des Vertrages. Erst wenn sie vorliegen, kann man von einem Vertrag reden. Umgekehrt bedeutet das, dass wenn eine Person rechtsgeschäftlich tätig werden möchte, z. B. wenn sie einen Vertrag abschließen möchte, sie eine Willenserklärung abgeben muss.
Eine Willenserklärung setzt sich aus drei Bestandteilen zusammen: Handlungswille, Erklärungsbewusstsein und Rechtsfolgewille.
Handlungswille
Der Handlungswille ist der Wille, irgendeine Handlung, nicht unbedingt eine rechtsgeschäftliche, vorzunehmen. Negativ abgegrenzt fehlt dieser, wenn sich ein Mensch im Schlaf befindet oder eine Reflexbewegung vornimmt. Dabei handelt es sich um nicht vom Bewusstsein getragene Bewegungen, d. h. der Mensch hat dann keinen Willen, sie zu vollführen. Es fehlt am Willen zu handeln, dem Handlungswillen.
Erklärungsbewusstsein
Erklärungsbewusstsein liegt vor, wenn sich die Person bewusst ist, irgendeine rechtsgeschäftlich relevante Handlung vorzunehmen. Wenn jemand bspw. unter ein Angebot seine Unterschrift setzt im Glauben, es sei eine Glückwunschkarte, weiß er nicht, dass er rechtsgeschäftlich tätig geworden ist. Weiß diese Person hingegen, dass es sich um ein Angebot handelt, nur nicht um welches, dann liegt aber zumindest das Erklärungsbewusstsein vor.
Rechtsfolgewille
Der Rechtsfolgewille hingegen bezeichnet den Willen, eine ganz bestimmte rechtsgeschäftliche Handlung vornehmen zu wollen. Definitionsbedingt liegen natürlich beim Rechtsfolgewillen auch ein Erklärungsbewusstsein sowie der Handlungswille vor.
Das Kaufmännische Bestätigungsschreiben
Das schlichte Schweigen besitzt im Rechtsverkehr grundsätzlich keinen Erklärungswert und ist deshalb auch grundsätzlich keine Willenserklärung. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist das sog. Kaufmännische Bestätigungsschreiben. Rechtsfolge dieses gewohnheitsrechtlich anerkannten Rechtsinstituts ist das Zustandekommen eines Vertrages mit dem Inhalt des Bestätigungsschreibens. Der Vertrag kommt dabei durch Schweigen auf das Bestätigungsschreiben zustande.
Anwendungsbereich
Die Grundsätze des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens gelten für Absender und Empfänger, die zumutbar einen Beitrag zur Rechtssicherheit erbringen können. Das bedeutet, dass sich nur solche Personen dieses Rechtsinstituts bedienen dürfen, die seine Bedeutung kennen oder im Falle des Empfängers kennen müssten. Insbesondere bei Kaufleuten im Sinne des HGB ist von ausreichender rechtlicher Kompetenz auszugehen. Hier sollten die Büromöbel für die StartUp GmbH angeschafft werden. Die drei handelten folglich in ihrer Funktion als geschäftsführende Gesellschafter für ihre GmbH, welche gemäß der §§ 13 GmbHG, 1 HGB die Kaufmannseigenschaft besitzt. Bei einem großen Möbelgeschäft, welches seine Niederlassung in einem Gewerbegebiet hat, kann spätestens aufgrund seiner Größe die Kaufmannseigenschaft aus § 1 Abs. 2 HGB bejaht werden. Folglich ist das Rechtsinstitut des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens auf diesen Fall anwendbar.
Abgrenzung zur Auftragsbestätigung
Das echte Kaufmännische Bestätigungsschreiben ist streng von einer Auftragsbestätigung abzugrenzen (BGHZ 18, 212; BGHZ 61, 282, 285). Dabei ist die äußere Bezeichnung nicht relevant. Es kommt vielmehr auf den Inhalt des Schreibens an. Ein echtes Kaufmännisches Bestätigungsschreiben ist gegeben, wenn es auf einen vorher, auch vermeintlich, geschlossenen Vertrag Bezug nimmt. Die Auftragsbestätigung hingegen liegt vor, wenn sie nur auf ein Angebot Bezug nimmt. Das am nächsten Tag angekommene Fax bestätigte lediglich noch einmal, was tags zuvor u. a. Stefan mit seinem „Ist gebongt!“ ausgesucht hat. Es nimmt somit Bezug auf die durchgeführten Vertragsverhandlungen. Folglich handelt es sich um ein echtes Kaufmännisches Bestätigungsschreiben, auch wenn es lediglich mit „Auftragsbestätigung“ überschrieben ist.
Voraussetzungen des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens
Zwischen den Parteien müssen zunächst Vertragsverhandlungen stattgefunden haben. Auf einen Vertragsschluss bei diesen Verhandlungen kommt es dabei nicht an. Der Sinn des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens ist, für den Geschäftsverkehr möglichst schnell klare Rechtsverhältnisse zwischen den Vertragsparteien herzustellen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen wird ein möglicherweise vorher geschlossener Vertrag durch den Inhalt des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens faktisch ersetzt. Nach Art der Vertragsverhandlungen muss ferner ein Klarstellungsbedürfnis bestehen. Das ist grundsätzlich bei mündlichen, telefonischen oder telegraphischen Vertragsverhandlungen der Fall. Auch hier spielt es keine Rolle, dass möglicherweise ein Vertrag bereits zustande gekommen ist und es einer Klarstellung somit nicht mehr bedarf. Stefan, Karina und Christoph haben sich nach bestimmten Büromöbeln, u. a. nach Drehstühlen und Lampen, erkundigt. Sie werden auch mit Verkäufern über Vor- und Nachteile bestimmter Möbel gesprochen und Preise nachgefragt haben. Mündliche Vertragsverhandlungen mit dem Ziel eines möglichen Vertragsabschlusses liegen somit vor. Durch das Bestätigungsschreiben muss außerdem der wesentliche Inhalt der Vertragsverhandlungen, d. h. die tatsächlich verhandelten Punkte, wiedergegeben werden. Das bedeutet aber auch, dass Erweiterungen und Veränderungen grundsätzlich zulässig sind. Das schließt sogar Preisänderungen mit ein. Hier gibt allerdings das Fax den exakten Preis von 7.378 Euro sowie eine Aufstellung der betreffenden Büromöbel wieder. Eine Abweichung zu den geführten Vertragsverhandlungen ist nicht ersichtlich. Das Kaufmännische Bestätigungsschreiben muss der betreffenden Partei kurze Zeit nach den Vertragsverhandlungen zugehen. Dabei sind Zeitspannen von einigen Tagen noch zulässig. Hier ging das Bestätigungsschreiben am folgenden Tag und somit rechtzeitig ein. Es darf außerdem kein Widerspruch innerhalb der Widerspruchsfrist seitens des Empfängers erfolgen. Diese Frist ist von den Gesamtumständen abhängig und beträgt ca. zwei bis fünf Tage. Christoph, oder einer der anderen, sollte am besten noch heute dem Fax widersprechen, wenn die drei sich noch nicht sicher sind oder diese Büromöbel nicht angeschafft werden sollen, da der Vertrag andernfalls mit dem Inhalt des Faxes zustande kommt.
Der Firmenwagen
Auch wenn anfangs das ein oder andere organisatorische Problem zu bewältigen war, so stellte sich doch bald heraus, dass die gemeinsame Arbeit nach der StartUp Gründung sogar noch besser lief als vorher. Während sich bei früheren Projekten meist derjenige verantwortlich fühlte, der der eigentliche Auftragnehmer war, entwickelte sich in den Wochen nach der GmbH-Gründung schnell so etwas wie eine Corporate Identity. Alle achteten darauf, dass Termine eingehalten und Arbeiten ordentlich erledigt wurden. Stefan trug vereinbarte Abgabefristen in den elektronischen Kalender ein und Christoph ließ keine Arbeit seiner Kollegen das Haus verlassen, welche er nicht gründlich überprüft hatte. Auch die Auftragslage entwickelte sich mehr als erfreulich. Die drei arbeiteten schnell und zuverlässig und zu moderaten Preisen. Hatten sie schon als Einzelkämpfer einen guten Namen, so erledigten sie als Team ihre Arbeit so gut, dass sie schon bald die ersten Aufträge durch Mundpropaganda erhielten. Doch nicht alles lief reibungslos. Je mehr Kundentermine Karina wahrnahm, desto mehr zeigte sich, dass ihr altersschwacher Kleinwagen keine wirklich verlässliche Terminplanung zuließ. Immer wieder kam es vor, dass sie mit dem Wagen auf halber Strecke liegen blieb oder das Auto erst gar nicht starten konnte. In den bisherigen Fällen konnte sie immer kurzfristig ein Taxi bestellen, doch heute war sie mitten auf der Landstraße mit einem totalen Motorausfall stehen geblieben. Bis der sofort benachrichtigte Pannendienst den Wagen in die nächste Werkstatt geschleppt hatte und Karina ein Ersatzfahrzeug beschafft hatte, war der Präsentationstermin beim Kunden längst vorbei. Nach einigen hektischen Telefonaten konnte zwar ein Ersatztermin vereinbart werden, aber Karina vermutete zu Recht, dass der Kunde alles andere als begeistert war. Im Büro schilderte sie Stefan und Christoph die Geschehnisse des Nachmittags und man suchte gemeinsam nach Lösungen. „Mein Fahrrad hilft da wohl nicht weiter, aber du könntest dir doch Christophs Auto ausleihen“, schlug Stefan vor. Christoph war nicht begeistert. „Und dann holt sie erst meine Tochter vom Kindergarten ab, bevor sie danach die Einkäufe meiner Frau erledigt, um dann schließlich mit den Materialien für eine Präsentation zum Kunden zu fahren? Gute Idee, Stefan..! Wie wär’s denn, wenn Karina den Wagen mal richtig überholen lässt? Die Kosten könnte ja die GmbH tragen, schließlich bist du andauernd für uns unterwegs.“ „Erstens habe ich deswegen schon den Lorenz gefragt und der meinte, dass ich das dann als Einkommen versteuern müsste, wozu ich wirklich keine Lust habe. Außerdem war ich mit dem Wagen grad neulich in der Werkstatt und der Mechaniker – wie im Übrigen auch der Typ heute vom Abschleppdienst – hat mir gesagt, dass es eh ein Wunder sei, dass der Wagen überhaupt noch fährt. Und eine Reparatur sei ungefähr so sinnvoll, wie Stefan davon zu überzeugen, nicht mehr im Auto zu rauchen.“ Womit auch geklärt war, warum für Karina die Nutzung von Stefans Auto nicht in Frage kam. Nach allgemeiner Ratlosigkeit kam der rettende Vorschlag schließlich von Stefan. „Wie wär’s, wenn die GmbH einen Wagen anschafft. Muss ja nichts Großes sein, aber es kann ja wohl nicht sein, dass wir irgendwelche Jobs nicht kriegen, weil Karina unterwegs auf der Straße mit ihrer Schrottkarre liegen bleibt.“ Auch wenn Christoph zunächst befürchtete, dass es zu früh sei, um schon ein Auto anzuschaffen, so sah er doch bald ein, dass der augenblickliche Zustand unhaltbar war. Nach einigem Hin und Her stand fest, dass die StartUp GmbH einen Geschäftswagen brauchte. Um Präsentationsmaterialien in ausreichender Menge transportieren zu können, einigte man sich schnell auf einen SUV. Als es um die Größe des anzuschaffenden Wagens ging und Stefan einen repräsentativen Mercedes vorschlug, schaffte es Christoph jedoch, wieder auf die notwendigen finanziellen Mittel hinzuweisen. „Wir haben jetzt zwar einiges Geld verdient und können bald ernsthaft daran denken, uns Gehälter auszuzahlen, aber trotzdem sollten wir erst genau überprüfen, wie viel Geld wir eigentlich wirklich für die Anschaffung zur Verfügung haben.“ Stefan übernahm es, die finanzielle Situation mit Steuerberater Lorenz abzuklären. Glücklicherweise war bereits genug Gewinn erwirtschaftet worden, so dass die Buchhaltung für die Anschaffung grünes Licht geben sollte. Verunsicherung erzeugte jedoch die Frage des Steuerberaters, in welcher Form der Wagen angeschafft werden sollte: „Wollen Sie finanzieren oder leasen?“ „Was meinen Sie denn mit finanzieren?“ „Ob Sie den Wagen mittels eines Kredits kaufen wollen?“ „Aber wir haben doch genug Geld, da müssen wir doch keinen Kredit aufnehmen. Und was heißt überhaupt Leasing?“ „Leasing bedeutet Mietkauf.“ „Wir wollen kein Auto mieten, wir wollen es kaufen.“ „Leasing ist rechtlich zwar ein Mietverhältnis, aber in der Abwicklung stellt es für Sie vor allem eine steuerlich günstige Möglichkeit dar, den Wagen abzuschreiben.“ „Wir sollen den Wagen abschreiben? Wir wollen ihn doch erst anschaffen…!“ „Abschreiben bedeutet, dass die Anschaffungskosten eines abnutzbaren Gegenstandes in steuerlicher Hinsicht auf seine voraussichtliche Nutzungsdauer verteilt werden.“ „Ich versteh kein Wort.“ „Wenn Sie beispielsweise einen Computer für sagen wir 3.000 Euro anschaffen, so müssen Sie diesen über drei Jahre hinweg abschreiben, das heißt Sie können pro Jahr 1.000 Euro vom zu versteuernden Einkommen abziehen.“ „Das heißt, wir geben 3.000 Euro aus und müssen trotzdem erst mal für 2.000 Euro Steuern zahlen?“ „So ist es.“ „Und was ist beim Leasing dann anders?“ „Beim Leasing bezahlen Sie lediglich für die Abnutzung eines Gegenstandes und haben meist am Ende der Vertragslaufzeit ein Ankaufsrecht. Die Leasingraten können sie jedoch direkt absetzen.“ „So, dann werden wir wohl mal nach entsprechenden Leasingangeboten Ausschau halten.“ Stefan hatte zwar kaum ein Wort verstanden, aber der Steuerberater sollte wohl kompetent genug in solchen Fragen sein. Nach den üblichen Ermahnungen, dass die Buchhaltung der StartUp GmbH nicht mehr allzu lange in einem Karton stattfinden sollte und dass möglichst bald damit begonnen werden sollte, Belege zu Kontoauszügen zu sortieren, verließ Stefan die Kanzlei. Wieder auf der Straße angekommen, überlegte er sich, dass er jetzt zwar noch immer nicht wusste, in welcher Form der Geschäftswagen angeschafft werden würde, er sich aber zumindest schon mal beim nächsten Händler als potentieller Käufer präsentieren konnte.
Der Firmenwagen – Rechtliche Erläuterung
Bei der Entscheidung, wie der Firmenwagen angeschafft werden soll, müssen Stefan, Karina und Christoph viele Gesichtspunkte unterschiedlicher Art berücksichtigen. Neben wirtschaftlichen Überlegungen sind auch rechtliche Erwägungen bzgl. der Anschaffung anzustellen.
Vertragsfreiheit
Grundlage für die Möglichkeit, verschiedene Verträge schließen zu können, ist die Vertragsfreiheit, die ein beherrschender Grundsatz im Vertragsrecht des BGB ist und auch Vertragsautonomie genannt wird. Sie überlässt den am rechtsgeschäftlichen Verkehr teilnehmenden Parteien grundsätzlich sowohl die Freiheit, ob und mit wem sie einen Vertrag abschließen möchten, die sog. Abschlussfreiheit, als auch mit welchem Inhalt ein Vertrag zustande kommen soll, die sog. Gestaltungsfreiheit. Der allgemein anerkannte Grundsatz der Vertragsfreiheit wird nur zugunsten von höherrangigen Interessen eingeschränkt. Zum Teil existieren daher Abschlusszwänge, z. B. hinsichtlich öffentlicher Versorgungsbetriebe in § 3 EisenbahnverkehrsO, § 6 EnergiewirtschaftsG und § 22 PersonenbeförderungsG, um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. In anderen Fällen bestehen Abschlussverbote, die eine oder beide Vertragsparteien schützen, z. B. §§ 22 ff. JugendarbeitsschutzG oder § 134 BGB für Verträge, die gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen. Eine inhaltliche Einschränkung von Rechtsgeschäften kann sich auch aus § 138 BGB ergeben, wenn der Vertrag gegen die guten Sitten verstößt.
Vertragstypen
Das BGB hat bestimmte Vertragstypen besonders ausgestaltet, so z. B. den Kaufvertrag in den §§ 433 ff. BGB, den Mietvertrag in den §§ 535 ff. BGB, den Pachtvertrag in den §§ 581 ff. BGB, den Leihvertrag in den §§ 598 ff. BGB, den (Geld-)Darlehensvertrag in den §§ 488 ff. BGB, den Sachdarlehensvertrag in den §§ 607 ff. BGB, den Dienstvertrag in den §§ 611 ff. BGB oder den Werkvertrag in den §§ 631 ff. BGB. Das steht der Vertragsautonomie aber nicht entgegen. Vielmehr wurden die im Wirtschaftsleben häufig auftretenden Verträge der Rechtssicherheit wegen besonders geregelt. Damit wollte der Gesetzgeber eine interessengerechte Durchführung garantieren. Entspricht ein Rechtsgeschäft nicht den im BGB typisierten Vertragsarten, so begründen sich die Leistungspflichten der Vertragsparteien nach den §§ 311 Abs. 1, 241 BGB, d. h. den im Vertrag festgelegten Leistungspflichten.
Miete
Der Mietvertrag, §§ 535 ff. BGB, hat die entgeltliche Gebrauchsüberlassung zum Inhalt. Der Vermieter verpflichtet sich, eine Sache auf Zeit dem Mieter zu überlassen. Umgekehrt muss der Mieter den vereinbarten Mietzins erbringen. Ist keine Gegenleistung vereinbart, so handelt es sich um einen Leihvertrag, §§ 598 ff. BGB. Der Mieter wird dabei nicht Eigentümer, sondern lediglich Besitzer der Mietsache. Endet der Mietvertrag z. B. durch Ablauf der Mietzeit, ist der Mieter verpflichtet, das Mietobjekt zurückzugeben, § 546 Abs. 1 BGB.